2 Timotheus 3,14-16 “von dort wird er gekommen sein” Pfarrer Harald Kluge
Lesung aus Titus 2, 11-14
11Denn die Gnade Gottes ist erschienen, die allen Menschen Rettung bringt. 12Sie bringt uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den menschlichen Begierden loszusagen. Dann können wir in dieser Welt als besonnene und gerechte Menschen leben und unseren Glauben ausüben. 13Gleichzeitig warten wir auf die Erfüllung unserer Hoffnung, die uns glückselig macht: das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Jesus Christus. 14Der hat sein Leben für uns gegeben. So hat er uns von allem erlöst, was aus der Gesetzlosigkeit entsteht. Und so wollte er sich ein reines Volk erschaffen, das ihm gehört – ein Volk, das nur darauf aus ist, Gutes zu tun. 15So sollst du zu den Menschen reden, sie ermahnen und zurechtweisen. Tu das mit allem Nachdruck. Niemand soll dich geringschätzig behandeln.
Frage 52 – Heidelberger Katechismus
“Von dort wird er kommen …” Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, »zu richten die Lebenden und die Toten«?
Paulus schreibt einen Brief an seinen Freund und Mitarbeiter, seinen Sohn im Glauben, Timotheus, und hält darin fest: “Das Ziel der richtigen Lehre ist Liebe.”
14Ich schreibe dir das in der Hoffnung, bald zu dir kommen zu können. 15Es könnte aber sein, dass sich mein Kommen verzögert. Dann musst du wissen, wie man sich zu verhalten hat, wenn man zur Hausgemeinschaft Gottes gehört. Denn nichts anderes ist die Gemeinde des lebendigen Gottes. Und damit ist sie Pfeiler und Fundament der Wahrheit.
16Niemand kann es bestreiten – groß ist das Geheimnis, auf dem die Ausübung des Glaubens beruht: In der Welt erschien Christus als Mensch, im Himmel wurde er in sein Recht eingesetzt. Er zeigte sich den Engeln und wurde bei den Völkern verkündet. Überall in der Welt schenkte man ihm Glauben, und er wurde aufgenommen in Gottes Herrlichkeit.
1 Timotheus 3,14-16
Liebe Schwestern und Brüder!
Wer von uns Weihnachtskarten schreibt, kennt diesen Satz: „Ich schreibe dir das in der Hoffnung, bald zu dir kommen zu können. Es könnte aber sein, dass sich mein Kommen verzögert.“ „Hoffentlich sehen wir uns bald!“ „Bis dann!“
Paulus, der diesen Brief geschrieben hat, möchte so wie wir seinen Adressaten einmal nahe sein, zu ihnen kommen. Nur weiß er, wie wir auch oft, nicht, wann das möglich sein wird. Derzeit sind auch viele Menschen, die aus Syrien nach Europa geflohen sind, in dieser Erwartungshaltung – wir wollen nach Hause nach Syrien, schauen wie es unseren Familien und Freunden geht, das Land wieder aufbauen. Aber auch sie wissen, dass sich das alles noch lange verzögern könnte. Christenmenschen können diese Erwartungshaltung eigentlich gut nachvollziehen. Einige der Schulfreundinnen meiner Töchter, die in den letzten drei Jahren aus der Ukraine hierher geflohen sind, erwarten auch das Ende des brutalen Krieges. Sie wollen auch nach Hause reisen können, ohne Angst haben zu müssen.
So feiern wir Weihnachten, den Heiligen Abend, die Heilige Nacht voller Erwartungen. Nur was feiern wir eigentlich zu Weihnachten? Die Geburt eines Kindes vor 2.000 Jahren, namens Jeschua, Sohn von Maria und Josef? Wiederholen wir dieses Geburtstagsfest jährlich am 24. und 25. Dezember – manche auch am 6. und 7. Jänner, weil es halt so Brauch ist. Nur ob man es wirklich braucht? Und holen wir das Knäblein an jedem Weihnachtsabend in unser Bewusstsein zurück. Und sagen wir dann ganz verzückt: „Oh, süß, liab, herzig, putzig das Putzerl.“ Eigentlich feiern die Christengemeinden die Erwartung der neuerlichen bevorstehenden Ankunft des HERRN. Wir erwarten das Zweite Kommen von Jesus Christus auf dieser Welt. Jesus drückt es selbst so aus (Lukas 21): 27Einmal werden es alle sehen: Der Menschensohn kommt auf einer Wolke mit großer Macht und Herrlichkeit. 28Und ihr sollt euch aufrichten und euren Kopf heben, wenn das alles beginnt: Eure Erlösung kommt bald!
Wow, das klingt doch gleich ganz anders als die Hirten auf den Feldern mit den Schafen, denen Engel begegnen. GOTT hat sich nochmals angekündigt. Wenn wir an die Geschichte von Jesus denken, in dieser Nacht, seine Geburt unter besonderen Umständen, sein Aufwachsen und seine Pubertät, von der wir eigentlich nichts wissen. Blicken wir auf seine Zeit als Wanderrabbi und Wunderheiler und Tröster und Prediger und als jemand, der alles in dieser Welt zum Rollen gebracht hat, schaut es doch gleich anders aus. Dann ist es ein wenig aus mit der ruhigen und besinnlichen Weihnacht und heiligen Nacht. Wäre das alles mit dem Tod von Jesus als 33-Jährigem am Kreuz zu Ende und dann noch die Auferweckung und alles, was dann noch gewesen ist. Dann die Himmelfahrt am Schluss, dann könnten wir uns gut fragen:
Wozu soll ich mich darauf einlassen? Was geht mich das an, heute im Jahr 2024? „Ihr sollt euch aufrichten! Hebt euren Kopf! Eure Erlösung kommt bald!“ Die Geschichte ist eben damit nicht zu Ende. Und Weihnachten, das wir feiern, gerne und mit viel Ernsthaftigkeit aber auch Leichtigkeit feiern wollen … dieses Weihnachten ist nur ein Vorgeschmack davon, dass noch Größeres bevorsteht. Darauf weist Paulus hin und weisen viele der Briefeschreiber kurz nach dem Ableben von Jesus hin.
Mit Jesus keimt neu die Hoffnung auf. Die Menschen vor 2.000 Jahren hatten sie bitter nötig und auch im Mittelalter und im 16. Jahrhundert und danach und bis heute haben wir die Hoffnung wider alle Realität und Wirklichkeit nötig wie einen Bissen Brot. Sonst würden wir doch keinen Bissen mehr runterbringen, wenn wir auf die Geschehnisse, die Attentate und Gewalttaten und Betrügereien und Mauscheleien und die Bedrohungslagen schauen.
Russland droht mit Atomkrieg. China schüchtert Taiwan ein. Einige Familien unserer Gemeinde sind gerade jetzt nach Taiwan gefahren zu ihren Angehörigen und ja, sie rechnen durchaus mit einem Angriff von China. Weihnachtsmärkte werden zu Zielscheiben für verwirrte Geister und das Schelfeis bricht ab und das Plastik verdreckt die Meere und und und… Da müsste ich doch erstarren vor allem Schrecken, den mir das alles einjagt. Aber GOTT hat seinen Engeln befohlen, dass sie frohe Botschaft bringen, damals der Maria und der Elisabeth und dem Josef und dem Zacharias und den Hirten und den Sterndeutern, ihnen allen. Sie hatten eine frohe Botschaft, ein Zeichen für die Zuwendung und Aufmerksamkeit GOTTES gebraucht. Ob sie es erwartet haben, weiß ich nicht. Erwarten Sie ein Zeichen der Liebe GOTTES?
„Euch ist heute der Heiland geboren, der Retter, der Wundertäter, der Zuhörer und Tröster, der Beistand und der innigste Beweis für die Liebe GOTTES.“
Mit Jesus bricht eine neue Zeit an. GOTT dreht wieder einmal die Zeiger auf null zurück. GOTT fängt an, wie zuerst bei der Schöpfung, dann nach dem Schrecken der Flut, die Noah mit seiner Familie in seiner Arche überstehen konnte. Noch einmal nimmt GOTT einen Anlauf auf uns Menschen zu, wie mit der Befreiung der Hebräer aus der Sklaverei in Ägypten, mit den beiden Gesetzestafeln mit so vielen Liebesbekundungen. Uns ist damals der Heiland geboren. Ihnen, dir und mir, uns. Egal, ob wir christlichen Glauben haben oder nicht. Wie gesagt, die Geschichte endet nicht am Berg mit dem Himmelfahrtskommando, sondern Jesus verspricht, dass er wiederkommen wird.
„15Es könnte aber sein, dass sich mein Kommen verzögert. Dann musst du wissen, wie man sich zu verhalten hat, wenn man zur Hausgemeinschaft Gottes gehört. Denn nichts anderes ist die Gemeinde des lebendigen Gottes. Und damit ist sie Pfeiler und Fundament der Wahrheit.“
Wie bei Paulus verzögert sich das Wiederkommen von Jesus. Aber damit wir nicht verzagen als kleines und immer kleiner werdendes Häuflein, hat uns Jesus bei so vielen Gelegenheiten gezeigt, wie wir uns verhalten sollen. Denn am Verhalten erkennt man die Haltung und das, woran man festhält, was man glaubt, wem man vertraut.
„In dieser Welt gilt es als besonnene und gerechte Menschen zu leben und unseren Glauben auszuüben.“
Das hat Paulus in seinem Brief an Titus geschrieben. Besonnen, nachdenklich, überlegt und für die Gerechtigkeit eintreten und auch streiten, wenn nötig. Dazu hält uns die Botschaft Gottes an.
„Und wir sollen Menschen sein, die nur darauf aus sind, Gutes zu tun.“
Klar, Weihnachten heißt: Weihnachtswunder, Weihnachtsspenden, Nachbarn in Not helfen und eben einfach gesagt Gutes tun. Aber so meint Paulus im Sinne von Jesus: Nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern die ganze Zeit sollte das unser Motto sein, und ist es bei so vielen ja auch. Denn das ist ein Zeichen dafür, dass mit der Geburt von Jesus auch das Reich GOTTES angebrochen ist. „15So sollst du zu den Menschen reden, sie ermahnen und zurechtweisen. Tu das mit allem Nachdruck.
Niemanden sollst du geringschätzig behandeln. „In der Welt erschien Christus als Mensch, im Himmel wurde er in sein Recht eingesetzt.“
Er sitzt zur Rechten Gottes, und dort sitzt er nicht nur, sondern wirkt hier mitten hinein in unser Leben und in unser Handeln und in unser Herz. Von dort wird er kommen… Jesus Christus bleibt eben nicht im Himmel und lässt es sich dort einfach nur gutgehen. Es ist kein Walhalla, kein Nirwana, kein endgültiges Ende, kein fixfertiger Zustand bis in alle Ewigkeit. Von dort, von der Seite GOTTES, wird er kommen und wird kommen, um alles ins Lot zu bringen, alles richtig zurechtzurücken. Zu richten die Lebenden und die Toten. Christus richtet nicht nach unseren Vorstellungen, sondern nach göttlichen. Da schwingen Vergebung und Erbarmen mit. „Er zeigte sich den Engeln und wurde bei den Völkern verkündet. Überall in der Welt schenkte man ihm Glauben, und er wurde aufgenommen in Gottes Herrlichkeit.“
Da mag es dann mit Paulus ein wenig durchgegangen sein. Jesus zeigte sich gewiss den Engeln. Und er zählt sicherlich zu den meistbekannten Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte. Aber weltweit schenkt man ihm keinen Glauben. Schon bei uns ist es immer mehr eine Angelegenheit für eine Minderheit. Und eigentlich geht es uns nicht anders als allen anderen. Wie Paulus dann in einem Brief an die Christengemeinde in Rom schreibt:
Römer 8
23Uns geht es doch genauso wie allen anderen! Wir haben zwar schon als Vorschuss den Geist Gottes empfangen. Trotzdem seufzen und stöhnen auch wir noch in unserem Innern. Denn wir warten ebenso darauf, dass Gott uns endgültig als seine Kinder annimmt.
… 24Denn wir sind zwar gerettet, aber noch ist alles erst Hoffnung. Und eine Hoffnung, die wir schon erfüllt sehen, ist keine Hoffnung mehr.
Wer hofft schließlich auf das, was er schon vor sich sieht? 25Wir aber hoffen auf etwas, das wir noch nicht sehen. Darum müssen wir geduldig warten.“
Den Vorschuss ist es sicher wert.
In aller Trübsal und Verfolgung darf ich mit erhobenem Haupt aus dem Himmel eben den Richter erwarten, der sich zuvor für mich dem Gericht Gottes gestellt und alle Verurteilung von mir genommen hat.