Lukas 2,1-20 „mit Engelshaar und Engelszungen“ Pfarrer Harald Kluge

Lesung aus Jesaja 9,1-6

Das Volk, das in der Finsternis lebt,

hat ein großes Licht gesehen.

Es scheint hell über denen,

die im düsteren Land wohnen.

Gott, du lässt sie laut jubeln,

du schenkst ihnen große Freude.

Sie freuen sich vor dir,

wie man sich bei der Ernte freut.

Sie jubeln wie beim Verteilen der Beute.

Zerbrochen hast du das drückende Joch,

die Stange auf ihrer Schulter

und den Schlagstock der Peiniger.

Es ist wie damals,

als die Midianiter besiegt wurden.

Verbrannt wird jeder Stiefel, mit dem die Soldaten dröhnend marschierten.

Ins Feuer geworfen wird jeder Mantel,

der im Krieg mit Blut getränkt wurde.

Denn uns wurde ein Kind geboren,

ein Sohn ist uns geschenkt worden.

Ihm wurde die Herrschaft übertragen.

Er trägt die Namen:

wunderbarer Ratgeber,

starker Gott, ewiger Vater, Friedefürst.

Seine Herrschaft ist groß

und bringt Frieden ohne Ende.

Er regiert als König auf dem Thron Davids

und schafft Recht und Gerechtigkeit.

So festigt und stärkt er sein Königreich

jetzt und für immer.

Der Herr Zebaot bewirkt das

in seiner leidenschaftlichen Liebe.

Liebe Gemeinde! Liebe Festgemeinde!

Unser GOTT steckt voller Leidenschaft und Liebe. Nur damit, diese Liebe auch zu beweisen, damit tut selbst GOTT sich schwer. Und es ist wie bei uns Menschen. Wir tun uns ja auch nicht gerade leicht, unsere Liebe unseren Liebsten zu zeigen. Oft tun wir die dümmsten und verrücktesten Sachen, wenn wir verliebt sind. Da ein Geschenk, dort eine Einladung, hier eine Reise, und dort ein Abend zu zweit. Manchmal klappt es und manchmal eben nicht. Die Liebe ist ein seltsames Spiel – auch in der Weihnachtsgeschichte, wie wir sehen werden.

Immer wieder versucht der liebende GOTT uns für sich zu gewinnen. Seit Jahrtausenden schon, oder dich und mich seit unserer Geburt. Erzwingen lässt sich Liebe aber eben nie. Jesus, ein Butzerl, ein Wutzerl, ein Baby sollte das ändern und hat das geändert. Ein schöneres Zeichen von GOTTES zärtlicher Zuwendung haben wir bisher nicht erhalten. Und die Geschichte hat es in sich, drum lesen wir sie Jahr für Jahr und entdecken neue Facetten. … und eine Gestalt war dabei besonders arg beschäftigt und wohl auch ein wenig in Eile. Der Engelsbote. Ich lese die Geburtsgeschichte von Jesus aus dem Evangelium nach Lukas:

Zu derselben Zeit befahl Kaiser Augustus, im ganzen Römischen Reich eine Volkszählung durchzuführen. Es war die erste Volkszählung. Sie fand statt, als Quirinius römischer Statthalter in Syrien war. Da machten sich alle auf, um sich in die Steuerlisten eintragen zu lassen – jeder in seine Heimatstadt. Auch Josef ging von der Stadt Nazaret in Galiläa nach Judäa. Sein Ziel war die Stadt Betlehem, aus der David kam. Denn er stammte von David ab. In Betlehem wollte er sich eintragen lassen zusammen mit Maria, seiner Verlobten. Maria war schwanger. Während sie dort waren, kam die Zeit der Geburt. Und Maria brachte ihren ersten Sohn zur Welt. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe. Denn sie hatten in der Herberge keinen Platz gefunden.

In der Gegend von Betlehem waren Hirten draußen auf den Feldern. Sie hielten in der Nacht Wache bei ihrer Herde. Auf einmal trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Die Hirten erschraken und große Furcht erfasste sie. Der Engel sagte zu ihnen:

»Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk große Freude bereiten wird. Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr. Und dies ist das Zeichen, an dem ihr das alles erkennt: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.«

Plötzlich war der Engel umgeben vom ganzen himmlischen Heer der Engel. Die lobten Gott und riefen: »Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!« Die Engel verließen die Hirten und kehrten in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem! Wir wollen sehen, was da geschehen ist und was der Herr uns mitgeteilt hat!« Die Hirten liefen hin, so schnell sie konnten. Sie fanden Maria und Josef und das neugeborene Kind, das in der Futterkrippe lag. Als sie das sahen, erzählten sie, was ihnen der Engel über dieses Kind gesagt hatte. Alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen die Hirten berichteten. Aber Maria merkte sich alle ihre Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten wieder zurück. Sie priesen und lobten Gott für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genau so, wie es ihnen der Engel gesagt hatte.

Lukas 2,1-20

Liebe Kinder, Schwestern und Brüder! Den Engel muss es ganz schön rumgerissen haben. Nicht nur in dieser Nacht. Auch schon davor hatten die Engelsboten von GOTT wichtige Aufträge auszuführen. Die Engel sind sozusagen die Postboten, Zusteller, vollbringen Messengerdienste für GOTT.

Zuerst muss in der Geschichte rund um die Geburt von Jesus der Engel Gabriel zu einem Mann namens Zacharias. Er ist ein älterer Priester und arbeitet im jüdischen Tempel. Seine Frau Elisabeth und er haben keine Kinder und sind eigentlich schon zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Plötzlich taucht eines Tages vor Zacharias im Tempel GABRIEL auf. Mitten beim Weihrauchschwenken teilt der GOTTESBOTE Zacharias mit: „Du Zacharias, deine Frau wird ein Kind bekommen. Und die Freude und der Jubel werden grenzenlos sein. Er wird sich berauschen am Heiligen Geist GOTTES, aber nur daran. Johannes soll er heißen.“

Aber ehrlich, wenn mir mit 70 oder 80 Jahren jemand mitteilt, dass ich Vater werde, werde ich auch erst mal rückfragen, ob der Arzt sich nicht vielleicht in der Karteikarte geirrt hat. Auch Zacharias kann es nicht glauben. Und es ist für Engel immer wieder frustrierend, wenn die Menschen ihnen nicht glauben wollen. Wozu haben sie denn ihr schönes Gewand, ihre Lichtgestalt, ihr furchterregendes Auftreten? Nicht umsonst müssen sie zuallererst bei einer Begegnung mit uns Menschen sagen: „Fürchte dich nicht! Jetzt lauf doch nicht gleich davon!“

Wozu haben sie ihre gewaltigen Stimmen, die klingen, als seien sie nicht von dieser Welt, wenn nicht um klarzumachen: „Wir sind Boten Gottes. Uns kannst du vertrauen, musst du vertrauen! Denn es geschieht immer alles so, wie GOTT es will.“

Zacharias fragt aber beim Engel erst einmal zurück und wird vom Engel deshalb von da an bis zur Geburt seines Sohnes Johannes mit Stummheit geschlagen. Seine Dummheit, dem Engel nicht gleich zu glauben, wird bestraft. Auch der Mutter von Jesus, Maria, stattet der Engelsbote einen Besuch ab, um sie von ihrer bevorstehenden Schwangerschaft zu informieren. Also stecken Engel, ihre Botschaften, voller Überraschungen. Wenn Sie einmal einem Engel begegnen, stellen Sie sich auf eine Überraschung ein. Nur um „Hallo!“ zu sagen, kommen sie nicht vorbei. Maria zuckt zusammen, als ihr der Bote ausrichtet: „Du wirst schwanger sein und dein Sohn, den du Jesus nennen sollst, wird der Sohn des Höchsten selbst sein. Und er wird den Thron Davids besteigen. Er wird ein wunderbarer Ratgeber sein, stark wie Gott, wie der ewige Vater, ein Friedefürst aller Menschen wird Jesus sein.“

Auch wenn manche Eltern durchaus glauben, ihre Kinder werden einmal eine herausragende Rolle in der Gesellschaft spielen. Das geht selbst Maria zu weit für ihre Vorstellungen. Und wieder diskutiert der Mensch, hier Maria, mit dem Engel, kann es nicht einfach so glauben. So stellt der Engel klar und deutlich fest: „Kein Wort, das von GOTT kommt, ist kraftlos! Also kannst du, musst du es glauben!“ Maria stellt sich darauf ein, dass sie als noch sehr junge Frau ein Kind bekommen wird und damit fragt sie sich: „Wie bringe ich das bloß meinem Verlobten Josef bei?“ Die Geschichte rund um die Schwangerschaft und die Geburt ist eine Novela – ein leidenschaftlicher Liebesroman, ein Abenteuerroman voller Irrungen und Verwirrungen. Und die Engel haben dabei wichtige Rollen. ENGEL zeichnen sich eben nicht durch ihr Aussehen aus. Sondern es sind ihre heiklen Aufgaben und schwierigen Missionen, die sie zu Boten und Botinnen GOTTES machen.

Der Engel soll bei einem Menschenkind im Auftrag des Herrn dieses vor Krankheiten, Schmerzen und Leid schützen. Das wäre so die klassische Funktion als Schutzengel, wie wir sie kennen. Nichtsdestotrotz sind sie durchaus manchmal in Racheaktionen involviert und löschen ganze Städte aus, wenn man den biblischen ältesten Vorstellungen folgen will. Engel bringen mehrmals in den biblischen Geschichten die frohe Botschaft von einer bevorstehenden Schwangerschaft. Wie heute die Ärztinnen oder Spezialistinnen bei Schwangerschaftsvorbereitungskursen, die Ängste und Befürchtungen nehmen wollen, versuchen es in den Stories der Bibel die Engel des Herrn.

Engel sind auch dann und wann in der Rolle von Paarberatern unterwegs. Als Josef nämlich erfährt, dass Maria schwanger ist, will er sie gleich einmal verstoßen und verlassen. Sie beide sind noch nicht verheiratet, sollten enthaltsam bleiben und eine schwangere Verlobte schaut für Josef gar nicht gut aus. Deshalb muss der Engel zu Josef hinschweben und ihm klar ins Gewissen reden: „Josef, verlasse deine geliebte Verlobte Maria nicht. Denn ja, sie ist schwanger, nein, mir ist klar, ihr seid noch nicht verheiratet, und nein, sie hat dich nicht betrogen. Bleib du bei ihr, denn das Kind ist eures und GOTTES Geist ruht auf ihm. GOTT selbst ist sein Vater. Und fürchte dich nicht!“

Den Sterndeutern und Magiern aus dem Osten hatte der Engel auch noch zu erscheinen. Denn der König Herodes wollte keinen neugeborenen König der Juden akzeptieren, von dem alle redeten. Deshalb wollte er mit einer List von den Magiern hören, wo dieses Neugeborene zu finden ist, um ihm seine Aufwartung zu machen, sprich es nicht groß werden zu lassen.

Deshalb reist der Engel als Schutzengel für Jesus und die jungen Eltern, als Tourguide flugs zu den Astrologen und Sterndeutern und macht ihnen klar: „Ihr habt nun das Jesuskind gesehen. Freut euch! Und danke, dass ihr Maria und Josef teure Geschenke gebracht habt, Gold, Weihrauch und Myrrhe und andere gute Gaben. Jetzt ist es aber an der Zeit für euch nach Hause zu reisen. Vergesst den König Herodes. Der führt nichts Gutes im Schilde und möchte der glücklichen Familie ein Leid antun. Geht auf einer anderen Route heim.“

Engelsboten verdienen durchaus unsere Aufmerksamkeit, auch wenn wir sie uns nicht wie weißgepuderte Putten mit kleinen Flügerln und mit dicken Bäckchen umherschwebend vorstellen dürfen. Vor denen hätte ich so keine Angst. Engel sind schrecklich, jagen uns einen Schreck ein, weil sie die Grenze zwischen unserer Welt und dem göttlichen Bereich, der Anderswelt durchschreiten und aufbrechen.

Und wenn ich mir überlege, wie ich sie mir vorstellen soll, liefert mir die Sprache eigentlich eine gute Spur. Wer hat das noch nie gehört, dieses: „Du bist ein Engel! Du bist ein Schatz! Danke, Sie sind ein Engel!“

Es ist ein Ausdruck großer Dankbarkeit – die gelben Engel auf den Landstraßen und auf Autobahnen. Die weißen Engel stehen fürs Personal im Spital oder für manche Reinigungsunternehmen. Die grünen Engel sind im Naturschutz tätig, Und sie können sich die Funktionen von den roten Engeln und von blauen Engeln selbst ausmalen. Wenn man behilflich sein, jemandem aus der Patsche helfen kann, hat das was Engelsgleiches, im ganz Kleinen. Und mit Engelszungen zu sprechen, heißt, beharrlich, betörend zu reden. Mit meinem Gegenüber rede ich dann in sanftem Ton – aber nicht schmeichlerisch – klar und deutlich – nicht brabbelnd und formelhaft – eindringlich – nicht aufdringlich – um den- oder diejenigen zu überzeugen oder zu überreden. Engel geben nicht auf, sondern gehen uns Menschen nach und nah, wollen wahrgenommen sein.

Wo jemand mit Engelszungen spricht, da geht es um was, da steht was auf dem Spiel. Wie bei der Geburt von Jesus, und davor von Johannes, der Jesus den Weg bereiten wird. Da geht es um alles. Und Engel sind Wächter mit Schwertern und mächtigen Schwingen, verteidigen den Eingang zum Paradiesgarten Eden und die Bundeslade GOTTES mit den beiden Steintafeln und den Zehn Geboten. Besonders gefällt mir der Schutz-Engel mit dem großen Herzen für Tiere. 4 Mose 22 erzählt, wie der Seher Bileam mit einer Eselin gegen den Willen GOTTES einen bestimmten Weg dahinreiten will. Da tritt dreimal der Engel des Herrn mit gezücktem Schwert auf die Straße und will Bileam aufhalten. Die Eselin weigert sich auch weiterzugehen, aber Bileam schlägt sein Reittier dreimal mit dem Stock. Bis es dem Engel zu viel wird und zuerst die Eselin plötzlich zu Bileam spricht und dann der Engel fragt: „Warum hast du deine Eselin dreimal geschlagen?“ Weiters sind Engel die besten Gastgeber und bekannt für Gastfreundschaft, werfen Satan in den Abgrund und versiegeln das Tor dazu, sind schnell wie der Wind, um die Aufträge GOTTES auszuführen. Aber nie verstehen die Menschen ihre Botschaften auf Anhieb. Immer braucht es längere Erklärungen.

Eine besondere weitere Begegnung mit einem Engel hatte eine Berufsgruppe damals nachts bei der Geburt von Jesus, die besonders empfänglich für lebensverbessernde Maßnahmen war. In der Gegend von Betlehem waren Hirten draußen auf den Feldern. Sie stehen für all jene, die im Prekariat leben müssen, die sich aufopfern, nur um von Tag zu Tag zu überleben.

Die hielten Nachtwache bei ihrer Herde, als auf einmal ein Engel des Herrn zu ihnen tritt. „Und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie.“ Nicht der Engel allein hat gestrahlt, sondern sie selbst waren erfasst, ergriffen, wie wir heute und an jedem Festtag. So gut meint es GOTT mit uns, so reich beschenkt GOTT uns, jedes Jahr aufs Neue. Freilich erschrecken die Hirten. Denn vorbei ist es mit ihrer Ruhe. Ihr gewohnter Tagesablauf wird mit der Erscheinung durchbrochen. Der Engel spricht zu ihnen: »Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk große Freude bereiten wird. Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr. Und dies ist das Zeichen, an dem ihr das alles erkennt: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.«

Auch unser normales Leben ist durchbrochen mit der Geburt von Jesus damals vor mehr als 2.000 Jahren. Das hat eine Auswirkung bis heute. Und damit wir das nicht vergessen, haben es die Hirten Maria und Josef erzählt und haben es ihren Kindern und Enkelkindern erzählt. Und die haben es weitererzählt. Bis heute hat diese Geschichte eine bezaubernde und unglaublich schöne Bedeutung gewonnen. Denn mit seinem Leben, seinen Botschaften, seinen Wundern und Heilungen und wie er andere getröstet hat, motiviert, angetrieben hat, aber auch vielen zur Ruhe verholfen hat, hat die große leidenschaftliche Liebe GOTTES zu uns Menschen und zu den Tieren und zur Pflanzenwelt gezeigt. Plötzlich ist der Engel umgeben vom ganzen himmlischen Heer der Engel. Die loben Gott und rufen und bis heute klingt es nach in der ganzen Welt, durch Raum und Zeit: »Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!« Es war alles genau so, wie es der Engel gesagt hatte.

Und Engel lügen nicht. Engel lügen nie.