Als “Evangelisch-Sein” noch verboten war, gab es natürlich keine evangelischen Kirchen in Österreich. Aber in Wien – anders als auf dem Land – musste schon zu Zeiten Karls VI. und Maria Theresias mit Rücksicht auf die Gesandten der protestantischen Mächte die protestantische Religionsausübung in geringem Ausmaß gestattet werden. Die Residenzen der Gesandten hatten exterritorialen Charakter und dort konnten evangelische Kapellen errichtet werden. Eine davon war die holländische Gesandtschaftskapelle für die kleine Schar der Reformierten. Die Prediger (Prädikanten) waren keine Holländer, sondern kamen aus dem deutschen Sprachraum oder der Schweiz.
Joseph II. erließ am 13. Oktober 1781 das Toleranzedikt. Den “augsburgisch und helvetischen Religionsverwandten” und den “nicht unirten Griechen” (Orthodoxe) wurde damit ein “ihrer Religion gemäßes Privatexercitium” zugestanden. Den Protestanten wurde erlaubt, ein “eigenes Bethaus nebst einer Schule zu errichten“. Die Gründung unserer Wiener Gemeinde genehmigte Joseph II. am 2. März 1782. Nachdem er das Königinnenkloster in der Dorotheergasse aufgelassen hatte, wurde ein Teil der Räumlichkeiten von der neuen reformierten Gemeinde – aus Spendengeldern – gekauft und dort fand am 17. April 1783 der erste Gottesdienst statt. Parallel dazu wurde an dieser Stelle ein Bethaus errichtet (Architekt Gottfried Nigelli), das mit einem Gottesdienst am 25. Dezember 1784 eröffnet wurde.
Im Jahr 1815 wurden für die Erzherzogin Henriette von Nassau-Weilburg, die Frau Erzherzog Karls (eine Reformierte, die mit einem Habsburger verheiratet war!), ein Oratorium und ein Zugang in das Bethaus von der Straße her errichtet.
Aber erst mit dem von Kaiser Franz Joseph 1861 erlassenen Protestantenpatent wurde den Evangelischen die öffentliche Religionsausübung gestattet. Das bedeutete, dass diese nun auch in einer “richtigen” Kirche stattfinden konnte, die von der Straße her allgemein zugänglich war. Die “zeitgemäße Restaurierung der Fassade” wurde dennoch erst 1885 beschlossen, weil sich die Verhandlungen darüber auf Grund der mühsamen demokratischen Willensbildung in der gegenüber 1781 auf das 15-fache angewachsenen Gemeinde derart in die Länge zogen.
Schließlich erfolgte der Umbau nach den Plänen des Architekten Ignaz Sowinsky, wobei die ursprüngliche (innere) Raumkonzeption von Nigelli verloren ging: Kanzel und Abendmahlstisch sind nun nach Westen, die Orgelempore nach Osten orientiert. Ein sinnfälliger Zusammenhang zwischen der historisierenden Kirchenfassade und dem Innenraum, der sich ja zunächst hinter der Fassade eines normalen Wohnhauses verstecken musste, ist nicht gelungen.
Kirchenrenovierungen in der Dorotheergasse gab es im 20. Jahrhundert immer wieder, zuletzt 1962 und 1981.
Quelle: Die Evangelische Gemeinde H.B. in Wien, Herausgeber Peter Karner, Wien 1986
- 1997 wurde auf dem Kirchendach eine Solaranlage errichtet.
- Im Sommer 2000 wurden die Kirchenfassade und das Eingangsportal unter Leitung des Architektenteams Prof. DI Heinz H. Busch und DI Marcus Kral renoviert.
- Im Sommer 2006 konnte durch eine großzügige Spende und zwei Erbschaften die Renovierung der Innenräume durchgeführt werden.
- Im Sommer 2023 wurde die Solaranlage erneuert und vergrößert